UAV DACH-Vorsitzender Dr. Wissel im Interview mit n-tv

22.08.2024

Verlieren wir die Luftfahrt der Zukunft?

Verlieren Deutschland und Europa tatsächlich zwei Pioniere der Luftfahrt der Zukunft? Was bereits vor einigen Wochen Thema in den Medien war, erhielt nun durch einen Bericht des Handelsblatts neue Nahrung. Während Dr. Gerald Wissel, Vorstandsvorsitzender des UAV DACH, gegenüber dem Handelsblatt und im Interview mit dem TV-Sender n-tv davor warnte, wie zuletzt bereits in anderen Zukunftstechnologien Knowhow, Arbeitsplätze und große Teile der Wertschöpfungskette an die USA und China zu verlieren, bleibt das erhoffte und wiederholt geforderte klare (finanzielle) Bekenntnis Deutschlands und Europas zur unbemannten Luftfahrt und den beiden international renommierten Leuchtturmprojekten Lilium und Volocopter weiterhin aus.

Daher prüft man bei Lilium offenbar aktiv einen Abschied aus Deutschland. Und auch bei Volocopter dürften entsprechende Überlegungen nicht ad acta gelegt worden sein.

Mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Drone-Economy. „Wir benötigen klare Signale und Maßnahmen zur Unterstützung von der öffentlichen Hand“, fordert Dr. Gerald Wissel. „Nur so können wir das Potenzial der gesamten UAS-Industrie tatsächlich erschließen – auch über das Thema eVTOL hinaus.“

Insbesondere wenn es um die letzten Schritte Richtung Markteintritt, um Zertifizierungen und den Aufbau der Serienfertigung geht, ist der Finanzbedarf bei den verschiedenen eVTOL-Entwicklungsprojekten auf aller Welt enorm. Doch anders als Wettbewerber wie Ehang, Joby oder Archer können die deutschen Vorzeigeunternehmen Lilium und Volocopter nicht auf Finanzspritzen der öffentlichen Hand bauen. Bereits seit Monaten lassen die beantragten staatlichen Kredite und Bürgschaften auf sich warten. Während der Bund grundsätzliche Bereitschaft signalisierte, sind die erhofften Zusagen aus Baden-Württemberg und Bayern bislang ausgeblieben.

Dabei könnten Flugtaxis je nach Anwendungsfall bereits kurzfristig preislich mit normalen Taxis, Limousinen-Services oder Helikopterdiensten konkurrieren. Zu dieser Erkenntnis kommen die Unternehmensberatung Roland Berger und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in ihrer aktuellen Studie „Advanced Air Mobility On the Runway to Commercialization“. Dies sei allerdings auch erforderlich, denn anders als noch vor ein paar Jahren müssten die Entwickler von Passagierdrohnen neben einer Vision vor allem ein überzeugendes Geschäftsmodell präsentieren, um Investoren für sich gewinnen zu können.

Doch Grundlage eines Geschäftsmodells mit Flugtaxis ist ein marktreifes und voll zertifiziertes Flugmodell. Dass der Weg dahin teuer und ohne konsequente staatliche Unterstützung kaum zu bewältigen ist, lässt sich anhand vieler Beispiele aus der bemannten Luftfahrt ablesen. „Wenn Europa in puncto Drohnen und elektrisches Fliegen konkurrenzfähig bleiben möchte, muss jetzt gehandelt werden“, appelliert Dr. Gerald Wissel an die Verantwortlichen in Behörden und Politik.